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Orientteppiche

Geschichte und Herstellung

Liest oder hört man den Begriff Orientteppich, so kommen einem viele Assoziationen in den Sinn. Man denkt an Geschichten aus Tausendundeiner Nacht, an kunstvolle, exotische Muster, an aus Seide und Goldfäden gewirkte Teppiche, filigrane Handwerkskunst, prächtige Farben und jahrhundertealte Einzelstücke. Die Geschichte des Orientteppichs ist dabei so komplex wie der Begriff selber. Ist doch schon das Wort Orient gar nicht so leicht geographisch zu fassen. Denn dieser Bereich umschließt die Länder Kleinasiens (Türkei) bis nach Fernost (China). Als Orientteppiche bezeichnet man alle Teppiche die in diesen Ländern in Handarbeit gefertigt werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Teppiche gewebt oder geknüpft werden. Darüber hinaus gelten aber noch andere Länder als Ursprungsländer von Orientteppichen, und zwar jene, welche zwar außerhalb des Orients liegen, aber durch diesen religiös, politisch oder ethnisch geprägt wurden. Zu diesen Ländern gehören die Balkanstaaten, Ägypten, die nordafrikanischen Maghrebstaaten (Tunesien und Marokko) und früher auch Algerien.

 

Geschichte des Orientteppichs

Orientteppiche haben ihren Ursprung bei vorchristlichen Nomadenvölkern, welche anfänglich Schaf- oder Ziegenwolle zu flachen Geweben verflochten. Später entstanden auf einfachen, liegenden Webstühlen die ersten gewebten Teppiche, die sogenannten Kelim Teppiche. Über die Jahrhunderte wurde die Knüpf- und Webtechnik immer mehr verfeinert. Webten die Nomaden ihre Teppiche noch auf liegenden, zusammenklappbaren Webstühlen, wurden diese später teilweise von vertikalen Webstühlen abgelöst. Im Spätmittelalter entstanden schließlich in Persien so genannte Hofknüpfereien der Schahs, Mogule und Sultane. Generell werden Orientteppiche auf verschiedene Weisen hergestellt, und zwar entweder von Nomaden und Bauern, welche die Teppiche im Alleingang fertigen, oder in Kleinateliers und Großmanufakturen, in welchen Arbeitsteilung vorherrscht.

 

Das Knüpfen der Orientteppiche und deren Wert

Der klassische Orientteppich entsteht auf einem senkrechten Rahmen und wird dabei von Hand geknüpft. Unter dem Begriff Knüpfen versteht man dabei das Zusammenwirken von Kette, Schuss und den in das Grundgewebe eingearbeiteten Knüpfknoten. Bei dieser Technik gibt es zwei generelle Knotenarten, den türkischen Gördesknoten und den persischen Sennehknoten. Beide Knotenarten können im selben Teppich vorkommen.

Der türkische Knoten wird auch als „symmetrischer” Knoten bezeichnet. Dabei wird das Florgarn zwischen zwei Kettfäden um den einen Faden und dann um den anderen herum geführt und anschließend wieder zwischen den beiden Kettfäden hindurch nach oben gebracht. Beide Knüpffadenschenkel umschließen hierbei die Kettfäden. Beim persischen Knoten wird das Florgarn anfänglich wie beim türkischen Knoten gelegt, anschließend aber nicht über den zweiten Kettfaden geschlungen, sondern unter diesem hindurch nach oben gezogen. Aufgrund dieser Technik und der sich daraus ergebenden Optik, wird dieser Knoten auch „asymmetrischer” Knoten genannt. Die Herstellung beider Knoten erfolgt in der Regel per Hand oder mittels eines Knüpfhakens.

Neben dem türkischen und dem persischen Knoten, gibt es noch einige weitere, wie z.B. den tibetischen oder den marokkanischen Knoten, welche aber heute weniger gebräuchlich sind. Der Wert eines Orientteppichs ist abhängig von der Anzahl der geknüpften Knoten. Je mehr Knoten auf einer Fläche vorhanden sind, desto aufwändiger und haltbarer ist der Teppich. Zusätzlich bestimmt auch das Alter, die Herkunft, das verwendete Material und die Seltenheit des jeweiligen Teppichs seinen Wert. Die Knotendichte wird hierbei in Anzahl der Knoten pro m² angegeben. Eine Knotendichte von 200.000 - 400.000 Knoten pro m² gilt dabei als sehr fein geknüpft und damit sehr wertvoll. Einen echt handgeknüpften Orientteppich erkennt man an seiner Rückseite, denn diese sieht komplett anders aus, als bei einem maschinell gearbeiteten Teppich. Keine Maschine der Welt kann bisher so exakt arbeiten, dass sie einen handgeknüpften Knoten detailgenau nachahmen kann. Das Knüpfen ist eine zeitraubende Arbeit, die viel Sorgfalt erfordert. Ein 3 x 4 Meter großer Teppich erfordert bei einer Knotendichte von 500.000 Knoten pro m² ca. 600 Arbeitsstunden. Auch heute entstehen auf diese Weise noch viele Perserteppiche in Privathaushalten. Diese Teppiche dienen den dort ansässigen Frauen als zusätzliche Einnahmequelle.

 

Scheren und Waschen

Nachdem der Orientteppich gewebt wurde, muss der Flor noch auf eine einheitliche Länge gebracht werden. Hierbei wird der Flor mitunter noch um einige Zentimeter niedriger. Dicht geknüpfte Teppiche weisen einen niedrigeren Flor auf, wohingegen grob geknüpfte Teppiche einen höheren Flor besitzen. Das Scheren erfolgte früher mittels großer, flacher Scheren, die handgeschmiedet wurden. In der heutigen Zeit gibt es inzwischen modernere Schergeräte. Dennoch erfordert diese Arbeit enorme Konzentration und Kraft. Für einen Teppich mit der Größe von 3 x 4 Meter, benötigen Scherer in der Regel sechs bis acht Stunden. Das Scheren nennt man auch Polierung des Teppichs.

Das Waschen ist neben dem Scheren innerhalb einer Teppichmanufaktur einer der wichtigsten Aufbereitungsschritte bei der Herstellung von Orientteppichen. Denn wird die Wolle des Teppichs schlecht gewaschen, so ist der Teppich schwerer, anfälliger gegen Schmutz und Schädlinge wie Motten. Die Wäsche erfolgt in mehreren Stufen, von Vorwäsche über Hauptwäsche hin zu mehreren Spülgängen. Das Waschen entfernt lose Fasern, überschüssige Farbe und Schmutz. Der Flor wird geglättet und ordnet sich, wodurch sich ein gewisser Glanz einstellt und das Muster besser hervortritt. Ein geschickter Wäscher kann mittels der unterschiedlichen Waschvorgänge, verschiedene Wirkungen hervorrufen und die Farbnuancen unterschiedlich stark leuchten lassen. Wurden die Teppiche früher in einem fließendem Bach gewaschen und zum Trocknen in die Sonne gehängt, so werden die Teppiche heutzutage in den Knüpfereien nach dem Waschen aufgespannt und getrocknet.

Auch heutzutage werden Orientteppiche wieder beliebter. Man besinnt sich auf traditionelle Handwerkskunst, Ursprüngliches und Nachhaltigkeit. Die jahrhundertealten kunstvollen Muster fügen sich auch in moderne Einrichtungstile gut ein und setzen interessante Kontraste. Da die detailreichen Teppichmuster und Teppichfarben der Orientteppiche eine ganz eigene, spannende Geschichte erzählen, haben wir diesen ein eigenes Kapitel gewidmet.

Sie möchten mehr über die Herstellung von Teppichen erfahren? Dann ist unser Artikel zum Thema Teppichherstellung genau richtig!

Dein benuta Style Team

Klassische Teppiche